Designnotes: Weniger Stress
Die Regeln von Stress waren von Anfang an ein fest eingeplanter Regelbestandteil von DARC, der bereits einige erste Änderungen erfahren hatte. Das Grundkonzept von Stress sorgt dafür, dass Charaktere im Laufe eines Abenteuers mit steigender Anspannung immer nervöser, gereizter bzw. sonderbarer werden.
Ursprünglich war das eine dreistaffelige Entwicklung mit immer stärker werdenden Symptomen. Diese waren zwar mehr rollenspielerischer Natur, statt unangenehme Maluspakete, dennoch fiel in den ersten Testrunden auf, dass der Stress immer wieder mal gerne „vergessen“ wurde, wenn der Spielleiter nicht mit Argusaugen darauf achtete.
Um dies zu verhindern, brauchte es einen Anreiz für die Spieler – Stress musste ihnen einen deutlichen Vorteil bescheren.
Also wurden die Ersatzwürfe zur Hilfe genommen und mit steigendem Stresspegel jedem Charakter mehr davon zur Verfügung gestellt – unter Stress lief so mancher Charakter nun zur Höchstform auf, da er Dank Ersatzwurfunterstützung misslungene Proben nochmal neu angehen konnte. So weit, so gut.
Dennoch – auch wenn die überarbeiteten Regeln funzten – empfand ich sie persönlich nach einigen Spielabenden immer noch als zu viel Ballast:
Aufwand und Nutzen standen nicht wirklich in einem klaren Verhältnis, immer noch wurde Stress ab und zu – in der Hitze des Gefechts – vergessen, und wenn nicht, hielt es irgendwie jedesmal auf und bremste den Spielfluß: Hier eine Stressprobe, dort ein Stresspegelanstieg, da ein neues Symptom, was aktiv wurde usw.
Dann – im Frühsommer – klagte ich mein Leid eher beiläufig in unserer Discordrunde.
Die dort Anwesenden ließen sich die Mechanik erklären und lieferten mir prompt ein paar interessante Meinungen dazu und Verbesserungsvorschläge, die mir wiederum halfen, das Regelkonstrukt Stress mit anderen Augen zu betrachten.
Mit dem ganzen Input setzte ich mich abermals an den großen Stressbrocken – und siehe da:
Weniger ist oft mehr.
Ich entschlackte die Stressregeln, warf die drei Stresspegel komplett über Bord, reduzierte die Symptome um die Hälfte (da war viel unnötiges Zeug dabei, ohne richtigen Gegenwert) und überarbeitete anschließend jedes Symptom nochmal unter neuem Gesichtspunkt:
Provoziere eine rollenspielerisches Verhalten, das den Spieler belohnt, wenn er es durchzieht. Punkt.
Doch was mMn noch viel wichtiger war: Stress wurde ein optionales Element, frei nach Wahl des Spielers.
Und von den ursprünglich 3 (nacheinander aktiv werdenden) Symptomen ist auch nur noch eines übrig geblieben, welches der Spieler zudem (durch Mehrfachauswahl) noch etwas eingrenzen kann. So gibt es keine redeaktiven Spieler mehr, deren Charakter zum Schweigen verdammt wird, oder mutige Kreuzritter, die auf einmal die Hosen voll haben, nur weil sie etwas angespannt sind.
Die bisherigen Testspieler haben diese Änderungen mehr als begrüßt und seit dieser Überarbeitung schnurren die Stressregeln wie ein Kätzchen.
Jetzt sind es die Spieler, die den Spielleiter an Stress erinnern!
An Hand dieses Regelelements – welches in drei Jahren mehrere Änderungen erfuhr (ob wohl ich Version 1 schon toll fand) – sieht man wieder einmal, wie wichtig Praxistests durch Probespiele sind und dass eine lange Testphase sich einfach lohnt.
Und dass das Feedback von nichtbetriebsblinden Discordlern Gold wert ist.